Darf es ein bisschen mehr sein? Wenn wir von Maximalkraft sprechen, immer. Ok, aber was ist dann mit der allgemeinen Kraft? Gegenfrage: schon mal einen schwachen Powerlifter, Strongman, Gewichtheber gesehen?
Jeder der schon einmal ernsthaft versucht hat viel Kraft schnell aufzubauen weiß, dass ein Ganzkörpertraining dreimal die Woche nicht unbedingt zielführend ist. Wirkliche Kraft baut man pro Muskelgruppe auf, ergo sind Kniebeuge, Bankdrücken, Kreuzheben und Schulterpressen die Mittel der Wahl.
Als Faustformel gilt: In Sachen Kraft ist Fokussierung König, und das spezialisierte Trainingsprogramm seine Königin. Programme gibt es viele, Smolov und Smolov Jr. oder das Powerbuilding seien hier für die Kniebeuge genannt, Ed Coans Bench Template für die Brust, Leemans P.R.O.M. Deadlift Routine für das Kreuzheben.
Die Frage bleibt: Was mache ich mit dem Rest meines Trainings wenn ich eine Übung (Muskelgruppe) fokussiere, was kann ich leisten und wie unterstütze ich ggf. meine Hauptübung? (Ganz abgesehen von der Frage ob meine Technik, meine Kondition und meine Regenerationsmöglichkeiten schweres Training überhaupt erlauben)
Wer leistet die meiste Arbeit?
Klar, wenn ich meine Beine mit schweren Kniebeugen fokussiere dann kriegen meine Beine eben auch den meisten Stress ab. So weit so gut. Allerdings: Welcher Muskel gibt zuerst auf? Wenn man eine Wiederholung nicht schafft, welches Glied in der Kette gibt nach? Welcher Muskel (Muskeln) quält einen mit dem größten Muskelkater? Diese Muskeln benötigen im restlichen Programm eine Pause.
Bei Athleten die mit guter Technik beugen werden wahrscheinlich die Quadrizepse als Erste aufgeben. Dann gibt man ihnen halt Ruhe! Der Fokus soll auf dem Kreuzheben liegen? Dann muss man besonders auf die Rückenstrecker, die Trapezii und Latissimi und, klar, auf die Beinbeuger Rücksicht nehmen. Bankdrücken solls sein? Dann werden wohl Pectoralis Major, die Trizepsii und der gesamte Schultergürtel Liebe brauchen.
Was fällt hinten runter?
Eigentlich selbsterklärend, wenn der Rest vom Schützenfest unter der Spezialisierung nicht leiden soll stellt sich nur eine Frage: Was lässt mein Favorit aus? Ein klassisches Beispiel ist die Frage wie man das Kreuzheben nicht vernachlässigt während man sich auf das Beugen konzentriert. Da schweres Kreuzheben immer mit einer guten Tiefkniebeuge um Energie kämpft (beide brauchen kräftige und ausgeruhte Quadrizepse und Rückenstrecker) macht es mehr Sinn neben der Kniebeuge die Beinbeuger zu fordern. Schweres Heben und schweres Beugen parallel = geht aber nicht für immer. Rumänisches Kreuzheben, Nordics und Beincurls – warum nicht.
Andersrum dasselbe Spiel: Der Fokus liegt auf Kreuzheben? Dann können die Quadrizeps sicherlich noch Training vertragen, schwere Kniebeugen scheiden aber logischerweise aus. Warum also nicht auf Bulgarian Split Squats, Kurzhantel Step-Ups oder Goblet Squats zurückgreifen?
Was unterstützt das Bankdrücken? Schulter? Besser nicht! Noch mehr Pressen, besser nicht. Den oberen Rücken traktieren – auf jeden Fall! Rudern in jeder Form, Face Pulls und Arbeit für die hintere Schulter im Allgemeinen sind die Mittel der Wahl.
Komme ich mir selbst in die Quere?
Rudern ist toll um das viele Drücken auszugleichen – bis der Latissimus überfordert ist und das Banktraining nicht mehr optimal unterstützt. Rumänisches Kreuzheben ist so lange die optimale Ergänzung bis der untere Rücken das Volumen nicht mehr packt und sich nicht mehr erholen kann zwischen den Trainings.
Zusammenfassung
Die einfache Schlussfolgerung: Spezialisierung erfordert Flexibilität. Auf dem Papier sieht der optimale Schlachtplan einfach aus: Fokus auf eine Übung für maximale Kraftzuwächse, zusätzliche Arbeit für den limitierenden Faktor und ansonsten normale Arbeit für alle Muskeln die kaum gestresst werden (z.B. Bank und Schulter bei Kniebeugen). So zu starten ist immer ratsam, allerdings muss jeder ambitionierte Heber auf seinen Körper hören. Sobald die optimale Regeneration im Fokustraining nicht mehr möglich ist oder sich gar Schmerzen einstellen, MUSS das Training angepasst werden (und die Ernährung ja nicht vergessen! Höchstleistung braucht Energie um Ihre Magie zu entfalten).
Vergiss nie, dass du ein Individuum bist, ergo individuelle Bedürfnisse hast, sei also flexibel in den Wegen wie du deine Erfolge sicherst.
ÜBRIGENS: Wer einen Plan sucht der Kraft fokussiert und Bestleistungen im 6-Wochen Rhythmus einfordert, der informiert sich hier: POWERBUILDING Trainingsplan
[…] Akut: Weniger Last, submaximale Leistung. Grundsätzlich: Schlechte Ausführung ist solange kein Problem, bis man sie mit Erschöpfung und hoher Last kombiniert. Technik ist immer entscheidend, ob ich ein Gewicht vom Boden hebe, auf eine Deckung zustürme oder einen Gegner in den Schwitzkasten nehme. Zentrales Nervensystem, Bandapparat und Muskeln müssen bereit sein. Training und Erwärmung sind also niemals zu vernachlässigen. Übermäßiges Volumen bei maximaler Intensität kann das Verletzungsrisiko erhöhen. Zuwächse bei Kraft und technischem Können dürfen nicht überschätzt werden (niemand wird über Nacht zum Meister! – mehr dazu auch hier und hier). […]
[…] Wie Ihr Zusatzübungen in solch hochintensive Trainingsphasen einbaut sehr Ihr hier: Maximale Kraft soll’s sein – und am Ende der Übung ist noch Training übrig […]